FORUM: Internetzeitschrift des Landesverbandes für Kinder
in Adoptiv und Pflegefamilien S-H e.V. (KiAP) und der Arbeitsge-
meinschaft für Sozialberatung und Psychotherapie (AGSP)


 

Diskussion / Jahrgang 2001

 

zu Das Kindeswohl auf dem Altar des Elternrechts

von Wanda Sape (März 01)

 


Seit ca. 10 Jahren arbeiten wir für das JA unserer Stadt als Bereitschaftspflegestelle, wobei wir gut 50 Kinder im Alter von 0 – 6 Jahren betreut haben. Zudem gehört zu unserer Familie ein Dauer-Pflegekind (10), welches wir zunächst über Jahre (!) als Wochenpflegekind betreut haben, obwohl die Aussicht auf Rückführung von Anfang an nie zur Debatte stand, da die leibliche Mutter Alkoholikerin ist.

Ich selber möchte zu der o.a. Veröffentlichung meine Erfahrungen beitragen, obwohl ich nur Laie bin, weder studiert habe, noch eine sonstige pädagogische oder ähnlich gelagerte Ausbildung besitze. Allerdings maße ich mir an, als lernfähiger Erwachsener aus meinen rein praxisorientierten Erfahrungen und daraus resultierenden ständigen Hinterfragungen dem o.a. Artikel zu 100% zuzustimmen.

Das Kindesrecht muß über das Elternrecht gestellt werden, wobei ich keinesfalls damit ausdrücken möchte, daß ich die Herkunftseltern zwangsläufig negativ beurteile, geschweige denn, ihnen den Umgang mit ihrem Kind versagen will. Das eine sollte das andere nicht ausschließen. Ich bemängele die grundsätzliche Handhabung des JA, das Elternrecht in der Regel höher zu bewerten, als es für das Kind zum jeweiligen Stand der Dinge gut wäre. Ich habe die Erfahrung gemacht, daß in den meisten Fällen dem Elternrecht, hier speziell dem Besuchsrecht, Vorrang gegeben wird und ohne vorherige fachliche Begutachtung bzw. Begleitung das Kind mit den leiblichen Eltern unvorbereitet während des Aufenthaltes in der Bereitschaft konfrontiert wird.

Die Bereitschaftspflege bewerte ich als Atempause für das Kind, das Erlebte ein Stück weit zu verdauen, als kurze Verschnaufpause und Vorbereitungphase zum Übergang in ein Dauerpflegeverhältnis. (Eine Rückführung in die Ursprungsfamilie kam erfahrungsgemäß in den wenigsten Fällen zustande.)

Ich habe Kleinkinder (im Alter von 2-4 Jahren) erlebt, die nach einem Besuchskontakt nachts Alpträume hatten, aufrecht im Bettchen saßen und schrien, ich habe Kinder erlebt, die nach einem Elternkontakt bis zu 3 Tage die Nahrungsaufnahme verweigerten, Kinder die danach mehrere Tage total apathisch wirkten und mit nichts anzusprechen waren, Kinder, die anschließend tobten und kaum zu bändigen waren, Kinder, die danach psychisch so kaputt waren und daraus resultierend ohne zunächst erklärbaren Grund über Wochen die zu sich genommene Nahrung „einfach so“ wieder zurückgaben, Kinder, die meiner Meinung nach zu diesem Zeitpunkt eigentlich vor den Verursachern ihrer Misere hätten geschützt werden müssen.

War es in diesen Fällen sinnvoll, das Elternrecht höher einzustufen? Waren diese Vorgaben vom Amt eine Hilfe für das Kind?

Sicher ist es für alle Beteiligten schwierig, hier eine zufriedenstellende Lösung zu finden. Klar ist auch, sollte denn eine Rückführung zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen, daß hier eine ganz, ganz intensive Betreuung der leiblichen Eltern gegeben sein muß, aber gerade hier drängt sich mir immer wieder der Verdacht auf, daß dabei dem Wohl des Kindes zu wenig Beachtung geschenkt wird.

Zu unserem Pflegekind ist zu sagen, daß aufgrund der langjährigen intensiven Wochenendkontakte, die absolut konträr zu unseren Erziehungsmethoden stehen, das Kind sich nicht zu uns gehörig fühlt. Eine Analyse hat konkret ergeben, daß es sich zu den leiblichen Eltern stellt und das Verhalten der Mutter imitiert. Die Möglichkeit eine kritische Distanz zu der eigenen Familie aufzubauen, wurde diesem Kind versagt, mit für meine Begriffe fatalen Folgen. Eine intensive Einbindung in unsere Familie wurde erfolgreich verhindert, obwohl die Aussicht auf Rückführung nie zur Debatte gestanden hatte.

Trotz aller Schwierigkeiten, die wir mit dem Kind zu bewältigen haben bleibe ich dabei, daß die Elternkontakte aufrechterhalten werden müssen und sollen, dann aber bitte mit entsprechend fachlich qualifizierter Begleitung!!!

Ich glaube, daß, was ich über Jahre „gefühlt“ habe und fachlich nicht belegen konnte, ist in der o.a. Veröffentlichung endlich mal von Fachleuten richtiggerückt worden......

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