FORUM: Internetzeitschrift des Landesverbandes für Kinder
in Adoptiv und Pflegefamilien S-H e.V. (KiAP) und der Arbeitsge-
meinschaft für Sozialberatung und Psychotherapie (AGSP)


 

Diskussion / Jahrgang 2001

 

Bilanz zu unserer Pressedokumentation
über Vernachlässigungs- und Jugendamts-Skandale

von Christoph Malter, Gudrun und Kurt Eberhard (Aug. 01)

 

Wir haben nun mehr als 120 Presseartikel* über schwere Vernachlässigungs- und Mißhandlungsfälle und über skandalöses Versagen von Jugendämtern dokumentiert und kommentiert. Wegen der erschreckenden Musterläufigkeiten dieser Ereignisse neigen unsere Kommentare immer mehr zu Wiederholungen. Deshalb versuchen wir nun eine Bilanz:

  1. Dadurch, daß Vernachlässigungs- und Mißhandlungsereignisse und das unermeßliche Leid der betroffenen Kinder meist nur in der Regionalpresse berichtet werden, erfährt jeweils nur ein kleiner Teil der Bevölkerung davon, so daß viel weniger gesamtgesellschaftliche Empörung aufkommt als beispielsweise über Sexualverbrechen, obgleich diese statistisch erheblich seltener sind. Darum werden wir unsere Dokumentation fortsetzen.
  2. Offenbar sterben gequälte Kinder am häufigsten an Vernachlässigung und Mißhandlung; die Kinderschutzliteratur beschäftigt sich indessen am intensivsten mit sexuellem Mißbrauch.
  3. Viele Jugendämter scheinen extrem hohe Toleranzschwellen gegenüber elterlichem Fehlverhalten, auch gegenüber elterlicher Gewalt aufgerichtet zu haben. Tierquälerei mobilisiert Öffentlichkeit und Staat zuverlässiger als Kinderquälerei; es gibt ein Tierschutzgesetz, aber kein spezielles Kinderschutzgesetz.
  4. Viele Mitarbeiter in den Jugendämtern sind unzureichend ausgebildet, d.h. sie sind nicht in der Lage, einschlägige Indizien, wie z.B. Entwicklungsrückstände, depressive Verstimmungen, Ängste, Pflegemängel, Destruktivität nach innen und außen als alarmierende Warnsignale zu deuten.
  5. Die meisten Sozialarbeiter der Jugendämter verstehen sich vorrangig als Helfer der Eltern und erst nachrangig als Beschützer der Kinder, die sie manchmal noch nie gesehen haben. Legitimations-Motto: „der beste Kinderschutz ist die Unterstützung der Eltern!“
  6. Die Jugendämter delegieren ihre Aufgaben oft auf freie Träger, die aus ökonomischen Zwängen erst recht dazu tendieren, loyal mit den Eltern zu kooperieren und die Gefahren zu unterschätzen, die von ihnen ausgehen.
  7. Jugendämter fühlen sich durch das geltende KJHG und die Urteilspraxis vieler Familienrichter in der Überbetonung der Elternrechte ermutigt; das Kinder- und Jugend-Hilfe-Gesetz wird einseitig als Eltern-Hilfe-Gesetz ausgelegt.
  8. Insbesondere die Notwendigkeit der Herausnahme wird i.d.R.viel zu spät erkannt.
  9. Die Garantenstellung sowie die damit verbundene strafrechtliche Verantwortung scheint Sozialarbeitern oft weniger bewußt zu sein als beispielsweise Bademeistern.
  10. Wenn Staatsanwälte und Strafrichter eingreifen, wenden sie sich pflichtgemäß an die unmittelbar Handelnden; die leitenden Veranwortlichen und die politischVerantwortlichen bleiben ungeschoren. Kein Wunder, daß auf den Ebenen, auf die es ankommt, keine Lernprozesse stattfinden!

Weil der Schutz der Kinder gegen das Elternrecht und gegen die Vielzahl anderer durchaus wertvoller Schutzbestimmungen (Datenschutz, Schutz der Privatsphäre, Unverletzlichkeit der Wohnung, etc.) gestärkt werden muß und weil das Jugendamt oder andere Behörden einen unmißverständlichen und parlamentarisch kontrollierten Auftrag i.S. des staatlichen Wächteramts erhalten müssen, brauchen wir dringend ein konsequentes Kinderschutzgesetz, damit nicht immer wieder Kinder vernachlässigt, mißhandelt, mißbraucht und zu Tode gequält werden und sie nicht eines Tages selbst Kinder quälen oder töten.

Näheres zum Übergewicht des Elternrechts und zur Notwendigkeit des Kinderschutzes finden Sie in dem Aufsatz Das Kindeswohl auf dem Altar des Elternrechts und dem Entwurf eines Kinderschutzgesetzes.

zur Pressedokumentation
zur Diskussion

weitere Beiträge zum Thema Wächteramt des Jugendämter

*Stand: August 2005

 

 

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