FORUM: Internetzeitschrift des Landesverbandes für Kinder
in Adoptiv und Pflegefamilien S-H e.V. (KiAP) und der Arbeitsge-
meinschaft für Sozialberatung und Psychotherapie (AGSP)


 

Diskussion / Jahrgang 2005

 

Änderungsantrag der CDU/CSU-Fraktion
 zum Schutzauftrag der Jugendämter

 

Vorbemerkung: Frau Eichhorn (MdB), Vorsitzende der CDU-Arbeitsgruppe »Familie, Senioren, Frauen und Jugend« hat uns auf unsere Anfrage geantwortet, daß für sie "ein verbesserter Schutzauftrag des Jugendamtes bei Kindeswohlgefährdung ein wichtiges Anliegen" sei und den unten stehenden Änderungsantrag ihrer Fraktion beigefügt. In der nächsten Legislaturperiode des Bundestages hat er vielleicht eine Chance.
K. E. (August, 20
05)

 

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend möge beschließen:

Artikel 1 Nr. 1 a) wird gestrichen.
Die Buchstaben b) -j) werden zu Buchstaben a) -i). Der Buchstabe j) erhält folgende Fassung:
,,§ 50 a Schutzauftrag des Jugendamtes bei Kindeswohlgefährdung"
Artikel 1 Nr. 4 (Nr. 4 Tagesbetreuungsausbaugesetz -TAG) des Gesetzentwurfes wird gestrichen. Artikel 1 Nr. 5-25 (Nr. 5-21 Tagesbetreuungsausbaugesetz -TAG) des Gesetzesentwurfs werden zu Artikel 1 Nr. 4-24 (Nr. 4- 20 Tagesbetreuungsausbaugesetz -TAG).
Nach Art. 1 Nr. 24 (Nr.. 20 Tagesbetreuungsausbaugesetz -TAG) des Gesetzesentwurfs wird Num- mer Nr. 25 (Nr. 21 Tagesbetreuungsausbaugesetz -TAG) eingefügt:
Nach § 50 wird folgender § 50a eingefügt:

,,§ 50 a Schutzauftrag des Jugendamtes bei Kindeswohlgefährdung
(1) Werden dem Jugendamt Tatsachen bekannt, die die Annahme rechtfertigen, dass das Wohl eines Kindes oder Jugendlichen gefährdet ist, so hat es von Amts wegen den Sachverhalt zu ermitteln und nach Maßgabe von Absatz 2 die geeigneten und notwendigen Maßnahmen zu treffen. Durch Vereinbarungen mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten, die Leistungen nach diesem Buch erbringen, ist sicherzustellen, dass diese das Jugendamt über solche Anhaltspunkte informieren.
(2) Das Jugendamt ist befugt, die Personensorgeberechtigten zur Klärung des Gefährdungsrisikos zu befragen; diese sind zur Erteilung der notwendigen Auskünfte gegenüber dem Jugendamt verpflichtet. Das Kind oder der Jugendliche ist im notwendigen Umfang in das Gespräch einzubeziehen.
(3) Das Jugendamt bietet den Personensorgeberechtigten Leistungen, insbesondere Hilfe zur Erziehung, an. Sind diese nicht bereit oder in der Lage, die Leistungen in Anspruch zu nehmen und auf diese Weise die Gefährdung abzuwenden, hat das Jugendamt das Familiengericht anzurufen. § 50 Absatz 2 gilt entsprechend. Soweit zur Abwendung der Gefährdung das Tätigwerden anderer Leistungsträger, der Einrichtungen der Gesundheitshilfe oder der Polizei notwendig ist, hat das Jugendamt die Personensorgeberechtigten darüber zu informieren und auf deren Inanspruchnahme hinzuwirken. Bei Gefahr im Verzug oder fehlender Fähigkeit oder Bereitschaft der Eltern zur Gefahrenabwehr hat das Jugendamt selbst die Information weiterzugeben.
(4) Eine Gefährdung des Wohls des Kindes oder Jugendlichen ist insbesondere zu vermuten
1. wenn das Kind oder der Jugendliche wiederholt in schwerwiegender Weise gegen
   Strafgesetze verstoßen hat,
2. wenn das Kind oder der Jugendliche Anzeichen einer drohenden Abhängigkeit von
   Betäubungsmitteln oder anderen Suchtmitteln erkennen lässt,
3. bei körperlicher Misshandlung oder sexuellem Missbrauch des Kindes oder
4. bei mangelnder Mitwirkungsbereitschaft oder Fähigkeit der Eltern zur Gefahrenabwehr."

Begründung:

§ 50 Abs. 3 SGB VIII räumt dem Jugendamt einen weiten Beurteilungsspielraum bei der Frage ein, ob es zur Abwendung einer Gefährdung des Wohls des Kindes ein Tätigwerden des Gerichts für erforderlich hält. In der Praxis ist eine Zurückhaltung der Jugendämter bei der Anrufung der Familiengerichte zu erkennen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass mit Blick auf das Elternrecht (Art. 6 GG) die Schwelle für Eingriffe in die elterliche Sorge in § 1666 BGB vom Gesetzgeber hoch angesetzt wurde.

Mit Blick sowohl auf die Fälle der Kindesmisshandlung bzw. Kindesvernachlässigung, bei denen Kinder schwerst geschädigt oder getötet wurden, als auch auf die Ereignisse, in denen Kinder und Jugendliche durch besonders aggressives und gewalttätiges Verhalten sich selbst und auch andere gefährdet haben, soll das staatliche Wächteramt bzw. der Schutzauftrag der Jugendämter gesetzlich stärker betont werden. Diese sind nicht ausschließlich Dienstleistungsbehörden.

Neu eingeführt werden die Verpflichtung der Personensorgeberechtigten zur Erteilung der notwendigen Auskünfte gegenüber dem Jugendamt und die gesetzliche Festschreibung der Intervention des Jugendamtes bis hin zur Anrufung des Familiengerichts als "Muss-Vorschrift". Ferner wird auf die in der Praxis unumgängliche Notwendigkeit der Weitergabe von Informationen der Träger von Einrichtungen und Diensten, die Leistungen nach dem SGB VIII erbringen, hingewiesen, damit Jugendämtern auch die notwendigen Erkenntnisse zufließen und sie ihrem Schutzauftrag gerecht werden können.

Die neue Vorschrift des § 50 a SGB VIII soll damit zum einen ein praxisgerechtes Instrument zur Früherkennung von Erziehungsdefiziten und Hilfebedarf darstellen, zum anderen auch einen Beitrag zur Bekämpfung der Kinder- und Jugendkriminalität durch eine möglichst frühzeitige Einwirkung auf gefährdete Jugendliche leisten.

Eine Klärung, ob das Wohl des Kindes oder Jugendlichen gefährdet ist und ob ein entsprechender Hilfebedarf besteht, ist dem Jugendamt oft nur bei einem Gespräch mit den Eltern möglich. Die Regelung sieht deshalb vor, dass das Jugendamt die Eltern befragen darf und diese zur Auskunftserteilung verpflichtet sind. Zeichnet sich im Rahmen des Gesprächs ein Jugendhilfebedarf ab, muß das Jugendamt entsprechende Beratung und sonstige Leistungen anbieten. Sind die Eltern bzw. Personensorgeberechtigten nicht bereit, hiervon Gebrauch zu machen und ihrer Erziehungsverantwortung nachzukommen, hat das Jugendamt das Familiengericht anzurufen.

Was unter dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu verstehen ist, wurde bislang nicht eindeutig definiert. Die Konkretisierung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs mit einer nicht abschließenden Aufzählung von Beispielsfällen, soll dazu beitragen, dass Jugendämter früh und vor allem rechtzeitig auf den Plan treten.

In der Anhörung vom 29.09.2004 wurde vorgeschlagen, dass sich die systematisch bessere Einordnung des Schutzauftrages bei Kindeswohlgefährdung als neuer § 50a anbietet. Empfohlen wurde ebenfalls, dass die angeführten Gründe, die eine Gefährdung des Wohls des Kindes vermuten lassen, im TAG aufgenommen werden sollten.

 

 

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