FORUM: Internetzeitschrift des Landesverbandes für Kinder
in Adoptiv und Pflegefamilien S-H e.V. (KiAP) und der Arbeitsge-
meinschaft für Sozialberatung und Psychotherapie (AGSP)


 

Diskussion / Jahrgang 2007

 

Stellungnahme zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung der Geldleistungen für Kinder in Vollzeitpflege
gem.
BMF-Schreiben vom 13. April 2007

 

Viele Kinder, die aufgrund von Vernachlässigung oder Misshandlung in Obhut genommen werden müssen, können relativ kostengünstig (im Vergleich zur Heimunterbringung) und entwicklungsfördernd (Bindungen in einer Familie sind Grundlage einer Heilung) in Pflegefamilien untergebracht werden.

Insbesondere Kinder, die durch Misshandlung Schäden davon getragen haben (Kinder mit „erweitertem Förderbedarf“, benötigen die Möglichkeit, vertrauensvolle Beziehungen eingehen zu können – in einer Pflegefamilie.

Damit Pflegefamilien sich dem Pflegekind zeitlich intensiver zur Verfügung stellen können, wird neben der Pauschale für den Lebensunterhalt ein Erziehungsgeld gezahlt. Für Kinder, die besonders geschädigt und daher in ihrer Erziehung besonders aufwendig sind, wird nach Begutachtung ein erhöhtes  Erziehungsgeld gezahlt. Dennoch ist eine Pflegefamilie für ein Pflegekind mit erweitertem Förderbedarf um ein Vielfaches preiswerter als eine Heimunterbringung. Das erhöhte Erziehungsgeld soll sicher stellen, dass die Pflegeeltern dem besonders erhöhten Erziehungsbedarf des behinderten Kindes gerecht werden können.

Das Erziehungsgeld ist gem. § 3 (11) EStG bisher einkommenssteuerfrei.
Es wird nicht als Einkommen der Pflegeeltern gerechnet.

Gem. Bundesfinanzministerium soll sich dies nun zum 01.01.2008 ändern. Für Familien, die mehr als zwei Kinder mit erweitertem Förderbedarf aufgenommen haben bzw. für Großpflegestellen bedeutet dies eine Besteuerung und Anrechnung des Erziehungsgeldes (ab dem dritten Kind) als Einkommen der Pflegeeltern. Seit 01.01.2007 gilt dies schon für die Berechnung von Hartz IV, wodurch einige Familien, die mehr als zwei behinderte Kinder aufgenommen haben, das dritte Kind schon „umsonst“ bei sich leben haben (bei Hinzurechnung der Folgekosten).

Insbesondere in Berlin gibt es (noch) viele Familien, die vor den AV Pflege gegründet worden sind, die mehr als drei behinderte Kinder in Pflege haben, teilweise auch vier oder mehr Kinder. Viele der Pflegemütter sind allein erziehend und pflegen Kinder oft schon mehr als 20 Jahre, Auch nach AV Pflege belegen etliche Bezirke ihre Pflegestellen über, da nicht mehr genügend Pflegestellen vorhanden sind. Insbesondere behinderte Kinder und Kurzpflegekinder könnten sonst nicht mehr in Familien untergebracht werden, da die Bedingungen der AV Pflege dies zu sehr erschweren. Für behinderte Kinder finden sich kaum noch Pflegefamilien; in einigen Bezirken gibt es gar keine Pflegeelternbewerber mehr. Daran hat sich u. a. deshalb nichts geändert, da die Probleme durch die AV Pflege nicht an die Senatsverwaltung transportiert werden.

Durch die nun anstehende Besteuerung der Erziehungsgelder werden der Zweck und das Ziel, mit diesem Geld die (zeitliche) Zuwendung der Pflegeeltern gegen über dem Kind sicher zu stellen, unterminiert.

Die Besteuerung hat viele mögliche Folgen:

  • Sie lässt sich nicht nur nicht mit dem Gedanken „Familie“ vereinbaren, was zum Wegfall des Kindergeldes führen wird.
  • Erwerbstätige Ehepartner haben plötzlich eine Nebentätigkeit, was arbeitsrechtliche Folgen haben kann. (Das Erziehungsgeld soll als Einkommen beider Partner gelten.)
  • Das veränderte Einkommen wird für die Familien in vielen Bereichen zu Verteuerungen führen (Ermäßigungen fallen weg.)
  • Fast alle Berliner Pflegekinder sind in den Krankenkassen der Pflegeeltern mitversichert; diese tragen Therapie- und Behandlungskosten. Die Krankenkassen wollen unter diesen Umständen die Pflegekinder nicht mehr in der Familienversicherung mitversichern. Die Jugendämter müssten die Kosten dann tragen.
  • Und vieles mehr.

Durch diese Regelung werden vor allem dringend unterzubringende Säuglinge (Kurzpflege) und behinderte Kinder (Dauerpflege mit erweitertem Förderbedarf) leiden. Da das Erziehungsgeld in beiden Bereichen besteuert werden soll, wird es derart beschnitten, dass Pflegestellen in diesen Bereichen noch rarer werden.

Das bedeutet eine Benachteiligung bestimmter Kindergruppen gegenüber anderen.
Zudem wird es zu einem enormen Anstieg der Kosten in den Bezirken führen (Therapie- und Behandlungskosten, Heimunterbringung für behinderte Kinder und Inobhutnahmen). Gleichzeitig führt es zu einer weiteren Verschlechterung im Pflegekinderwesen. Schon die Einschnitte durch die AV Pflege sind nicht aufgehalten worden. Die bereits bestehenden Familien mit mehreren Kindern sind/werden teilweise derart hart getroffen/sein, dass es schwerwiegende Folgen haben wird.

Mögliche Abwendung der Problematik für Familien mit mehreren behinderten Kindern:

  • Heraufsetzung des jährlichen Grenzbetrages zur Besteuerung von 24.000 Euro auf 36.000 Euro

oder hilfsweise:

  • Nichtanrechnung des Erziehungsgeldanteiles für den erweiterten Förderbedarf (neben dem Grundbetrag)
     
  • mindestens jedoch sollten die Pflegefamilien, die vor dem 01.01.2008 bestanden, von der Besteuerung ausgenommen werden (Bestandschutz)

Katja Paternoga, Vorsitzende des Aktivverbund Berlin e.V.
Landesverband der BAG-KiAP
(
www.aktivverbund-berlin.de)

 

 

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