FORUM: Internetzeitschrift des Landesverbandes für Kinder
in Adoptiv und Pflegefamilien S-H e.V. (KiAP) und der Arbeitsge-
meinschaft für Sozialberatung und Psychotherapie (AGSP)


 

Diskussion / Jahrgang 2003

 

Neues Jugendschutzrecht ab April 2003

Bundesministerin Renate Schmidt und Ministerpräsident Kurt Beck: Bund und Land handeln gemeinsam

 

 

Am 1. April 2003 werden umfangreiche Neuregelungen zum Jugendschutz in Kraft treten. Mit dem neuen Jugendschutzgesetz des Bundes werden das Gesetz zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit und das Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte zu einem einheitlichen Gesetz zusammengeführt. Zeitgleich tritt der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag der Länder in Kraft, der eine einheitliche Rechtsgrundlage für den Jugendschutz in den elektronischen Medien (Internet, Fernsehen, Rundfunk) schafft. Durch Verzahnungsregelungen in beiden Gesetzen ist sichergestellt, dass Bundes- und Ländereinrichtungen nach einheitlichen Schutzstandards entscheiden.

Die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Renate Schmidt, und der Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz und Vorsitzender der Rundfunkkommission der Länder, Kurt Beck, heben hervor, dass es zum ersten Mal gelungen ist, die Kompetenzen zwischen Bund und Ländern neu zu ordnen. Bisher waren sie im Jugendmedienschutz zwischen Telediensten und Mediendiensten getrennt. "Die Neuregelungen zeigen: Bund und Länder handeln beim Schutz der Jugend Hand in Hand. Gemeinsam ist es uns gelungen, den Jugendschutz auf der Höhe der Zeit zu gestalten", erklären Bundesministerin Renate Schmidt und Ministerpräsident Kurt Beck.

Bundesministerin Renate Schmidt erklärt: "Das neue Jugendschutzgesetz bietet einen wirksamen Schutzrahmen. Kinder und Jugendliche können effektiv vor negativen Einflüssen geschützt werden. Staatlicher Jugendschutz ist wichtig, reicht aber alleine nicht aus. Die gesamte Gesellschaft steht in der Verantwortung, Kinder und Jugendliche vor schädlichen Einflüssen zu schützen. An erster Stelle lernen Kinder in den Familien, was gut und richtig für sie ist. Aber auch Schulen und Jugendeinrichtungen, Medien und Wirtschaft sind gefordert, Kinder beim Aufwachsen zu begleiten. Wir wollen Familien in ihrer Medienerziehungskompetenz unterstützen, damit sie ihre Kinder zu bewusstem Medienkonsum anleiten."

Ministerpräsident Kurt Beck hebt hervor, "dass der Staat mit dem neuen Jugendschutzrecht seiner Aufgabe, Leitlinien für einen ethischen und verantwortlichen Umgang mit den Medien zu setzen, gerecht wird. Die Medien bewegen sich nicht in einem wertefreien Raum. Es ist eine fortwährende gesellschaftliche Aufgabe, sich über den diesbezüglichen Werterahmen und seine Einhaltung zu verständigen."

Wesentliche Kernpunkte des Jugendschutzgesetzes sind:

  • Computerspiele und Bildschirmspielgeräte müssen wie bislang bereits Kino- und Videofilme mit einer Altersfreigabekennzeichnung versehen werden. Diese Bildträger dürfen nur an Kinder und Jugendliche abgegeben werden, die das gekennzeichnete Alter haben.
  • Die Verbote für schwer jugendgefährdende Medien, insbesondere die mit Gewaltdarstellungen, werden erweitert und verschärft. So sind auch ohne Indizierung durch die Bundesprüfstelle Trägermedien (z.B. Bücher, Videos, CD, CD-ROM, DVD), die den Krieg verherrlichen, die Menschen in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellen oder Jugendliche in unnatürlicher, geschlechtsbetonter Körperhaltung zeigen, mit weitreichenden Abgabe-, Vertriebs- und Werbeverboten belegt.
  • Die Kompetenzen der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (bislang: Schriften) sind erweitert worden. Sie kann jetzt neben allen herkömmlichen auch alle neuen Medien - mit Ausnahme des Rundfunks - indizieren. Des weiteren ist das Indizierungsverfahren neu geregelt. Jetzt kann die Bundesprüfstelle auch ohne Antrag auf Anregung bestimmter Stellen tätig werden, um zu gewährleisten, dass möglichst alle jugendgefährdenden Angebote in die Liste der Bundesprüfstelle aufgenommen werden.
  • Die gewerbliche Abgabe von Tabakwaren an Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren wird verboten. Für Zigarettenautomaten gilt eine Übergangsfrist: sie müssen bis 1. Januar 2007 technisch so umgerüstet sein, dass Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren die Entnahme von Zigaretten nicht möglich ist.
  • Außerdem wird ein Verbot für Tabak- und Alkoholwerbung in Kinos vor 18 Uhr festgelegt.

Eckpunkte des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages sind:

  • Wichtiges Element ist eine Stärkung der Selbstkontrolle. Entscheidungen der Selbstkontrolle sind nur dann durch die Aufsicht zu korrigieren, wenn deren Beurteilungsspielraum überschritten ist. Voraussetzung für diese Privilegierung ist allerdings, dass sich die Freiwilligen Selbstkontrollen von der Aufsicht zertifizieren lassen müssen. Um eine solche Zertifizierung zu erhalten, müssen die Selbstkontrolleinrichtungen den einzelnen im Staatsvertrag näher ausgeführten Anforderungen genügen (insbesondere entsprechende Ausstattung an Personal und Material haben, die Unabhängigkeit ihrer benannten Prüfer sichern als auch gesellschaftliche Gruppen - wie Kirchen - in ihre Prüfgremien aufnehmen).
  • Ein weiteres wichtiges Element des Jugendschutzes im Internet ist die Einführung von Filtersoftware. Auch diese muss, wenn man aufgrund der Software Erleichterungen erhalten will, von der Aufsicht anerkannt werden.
  • Die Aufsicht durch die Landesmedienanstalten wird ebenfalls neu organisiert mit der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM), die aus sechs Direktoren der Landesmedienanstalten und sechs Sachverständigen aus dem Bereich des Jugendschutzes von Bund und Ländern besteht. Damit wird erstmals eine einheitliche Entscheidungsinstanz bei den Ländern geschaffen.
  • Jugendschutz.net als Beobachtungsstelle der Länder, eingerichtet beim Ministerium für Bildung, Frauen und Jugend in Mainz, wird ebenfalls abgesichert. Es wird nunmehr organisatorisch an die KJM angebunden. Seine Aufgaben bestehen fort.

Mit diesen umfangreichen Regelungen ist ein austariertes System von Selbstkontrolle, Aufsicht und verbindlichen Jugendschutzvorgaben im Interesse eines effektiven Schutzes von Kindern und Jugendlichen vor schädigenden Medieninhalten geschaffen worden.

Zuwiderhandlungen gegen die gesetzlichen Verbote des Jugendschutzgesetzes können als Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten mit einem Bußgeld bis zu 50.000 Euro geahndet werden. Die zuständigen Behörden in den Ländern können zum Schutz der Kinder und Jugendlichen die entsprechenden Strafen insbesondere gegen die Gewerbetreibende und Veranstalter verhängen, die den Bestimmungen des Jugendschutzgesetzes zuwiderhandeln.

 

Kommentar: Zweifellos ist es sehr wichtig, Kinder und Jugendliche vor den beträchtlichen Gefahren zu schützen, die ihnen aus den unterschiedlichen Massenmedien drohen. Aber der häufigste Ort schwerer Traumatisierungen ist nach wie vor die Familie. Dort geschehen Vernachlässigungen, Mißhandlungen und Mißbrauch mit weitreichenden, d.h. bis ins Jugend- und Erwachsenenalter wirkenden psychischen und hirnorganischen Verletzungen.

Weil es immer noch kein Kinderschutzgesetz gibt und das KJHG den Jugendämtern weder einen unmißverständlichen Auftrag i.S. des staatlichen Wächteramts erteilt, noch hinreichende Interventionsmöglichkeiten einräumt, geschieht es immer wieder, daß Kinder nicht nur tiefgreifend geschädigt werden, sondern sogar sterben müssen (s. Pressedokumentation).

Wir hoffen, daß möglichst viele Bürgerinnen und Bürger ihre Abgeordneten drängen, endlich ein umfassendes und wirksames Kinderschutzgesetz zu kodifizieren (s. Entwurf), statt sich auf Teilregelungen der obigen Art zu beschränken, die politische Aktivität signalisieren, aber am Kern der Problematik vorbeizielen.

(Kurt Eberhard, April, 2003)

 

 

 

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