FORUM: Internetzeitschrift des Landesverbandes für Kinder
in Adoptiv und Pflegefamilien S-H e.V. (KiAP) und der Arbeitsge-
meinschaft für Sozialberatung und Psychotherapie (AGSP)


 

Rezension / Jahrgang 2008

 



Herausgeber: Andreas von Arnauld

Recht und Spielregeln

Mohr Siebeck 2003
(381 Seiten, 64 Euro)

 


Die Autoren:

Andreas von Arnauld, geb. 1970, Dr. iur .1989-94 Jurastudium in Hamburg und Bonn. 1995-98 Wissenschaftl. Mitarbeiter, Institut für Internat. Angelegenheiten, Universität Hamburg (Prof. Dr. Dr. h.c. Ingo von Münch). Dr. jur. Hamburg 1998. 1999-2002 Wiss. Mitarb., seit 2002 Wiss. Ass., Fachbereich Rechtswiss., FU Berlin (Prof. Dr. Albrecht Randelzhofer). Habilitationsprojekt zur Rechtssicherheit. Arbeitsschwerpunkte: Verfassungs- und Verwaltungsrecht, Völkerrecht, Rechtsphilosophie.

Birte Brodkorb, geb. 1978, stud. jur., Studium der Rechtswiss. an der FU Berlin. Mitglied der Hochschulgruppe »Kritische Juristinnen«. Studienschwerpunkte: Kriminologie, Jugendstrafrecht.

Wolfgang Durner, geb. 1967, Dr. phil. Dr. jur., LL.M. 1987-93 Studium der Rechts- und Politikwiss. in Würzburg, FU Berlin, München und an der London School of Economics.
Dr. phil. München 1995; Dr.jur. Berlin 2000.1996-97 Ass. der Unabhängigen Sachverständigenkommission zum Umweltgesetzbuch; 1997- 98 Thyssen-Fellow, Inst. for Intern. Studies, Univ. Stanford; 1999-2001 Rechtsanwalt in München; seit 2001 Wiss. Ass. am Inst. für Politik und öffentliches Recht, Ludwig-Maximilians-Universität München (Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier). Habil.projekt im Raumplanungsrecht. Arbeitsschwerpunkte: Völkerrecht, Staats- und Verwaltungsrecht.

Claas Friedrich Germelmann, geb. 1978, geprüfter Rechtskandidat. 1998-2002 Studium der Rechtswiss. an der FU Berlin. Derzeit Doktorand bei Prof. Dr. Helmut Lecheler am Institut für Völkerrecht, Europarecht und ausländ. öff. Recht der FU Berlin. Arbeitsschwerpunkte: Europarecht, Prozessrecht.

Martin Hager, geb. 1975, geprüfter Rechtskandidat. 1995-2001 Studiun der Rechtswiss. FU Berlin und Univ. Paris. Derzeit Arbeit an einer Diss. zur Vorankündigung nach § 10 Wertpapierübernahmegesetz bei Prof. Dr. Oechsler (Univ. Potsdam/ Johannes-Gutenberg-Univ. Mainz). Arbeitsschwerpunkte: Kapitalmarktrecht, Rechtsvergleichung.

Michael Hummel, geb. 1978, stud. jur. 1999-2000 Architekturstudium an der Bauhaus-Univ. Weimar, seit 2000 Studium der Rechtswiss. an der FU Berlin. Studienschwerpunkt: Handels- und Gesellschaftsrecht.

Christian Klein, geb. 1974, M.A. Studium der Literatur, Soziologie und Linguistik in Kiel und Berlin. Kollegiat des DFG-Graduiertenkollegs »Praxis und Theorie des künstlerischen Schaffensprozesses« an der Univ. der Künste Berlin. Arbeit an einer Diss. zum Künste-vergleich (Prof. Dr. Gert Mattenklott, FU Berlin). Arbeitsschwerpunkte: Literatur in der Weimarer Republik und im >Dritten Reich<, Literaturtheorie, Biographik.

Giorgi Maisuradze, geb. 1970. Studium der Altertumskunde und der Philosophie in Tiflis und Saarbrücken. Derzeit Arbeit an einer Diss. über Genealogie und Gewalt an der Humboldt-Univ. zu Berlin (Prof. Dr. Thomas Macho). Arbeitsschwerpunkte: Mythologische Symbolik, psychoanalytische und semiotische Kulturtheorie, Gender-Studies.

Anliegen und Aufbau des Buches erläutert der Herausgeber in seinem einleitenden Präludium:
"Der Band gliedert sich in drei Runden.
     Die erste Runde ist Grundlagen  des Vergleichs von Recht und Spiel gewidmet und soll deren Vergleichbarkeit selbst etablieren. Hier geht es um Fragen der Normativitiit von Spielregeln vor dem Hintergrund verschiedener Normmodelle, um Recht und Spiel als soziale Systeme, um Spiele als Muster sozialer Interaktion (und den damit verbundenen pädagogischen Wert: hierzu der Beitrag von Birte Brodkorb). Es wird ferner von der konventionalen Basis der Spiele, dem fundierenden >Spielvertrag<, die Rede sein, der Gesellschaftsvertragsmodellen der Aufklärung wie des zeitgenössischen politischen Liberalismus gegenübergestellt wird. In einem Interludium tauchen John Rawls und Jürgen Habermas als Mitspieler in einem Skatspiel auf, das ernsthaften Spielern wohl den letzten Nerv rauben würde, mit Blick auf das Bestreben der verhinderten Skatspieler, >gerechte< bzw. >gültige< Normen zu begründen, aber vielleicht auf etwas Nachsicht hoffen darf.
     Die zweite Runde ist mit >Spielwelt - Gegenwelt< überschrieben und einem materialen Systemvergleich gewidmet. Dieser fordert zu Tage, dass die Welt des Spiels, trotz aller Unterschiede (die man wohl auch erwartet hätte), doch gewisse Ähnlichkeiten mit der >wirklichen Welt< aufweist. Die beiden ersten Beiträge sind auf sehr unterschiedliche Weise dem Rollenspiel und der (Selbst-)Inszenierung gewidmet, die auch vor den Toren von Recht und Spiel nicht halt machen. An die Reflexionen zu den gemeinsamen magischen Wurzeln von Recht und Spiel schließt sich der Beitrag von Giorgi Maisuradze an, der aus Sicht der philosophischen Psychoanalyse das Tabu in seinen Bezügen zum Recht und zum Spiel untersucht. Michael Hummel stellt hierauf dar, wie in Recht und Spiel Ziele verfolgt werden und welche Rolle im Rahmen der geregelten Konkurrenz die Taktik spielt. In den folgenden Beiträgen geht es um verschiedene Aspekte der Gerechtigkeit: inwieweit und warum man überhaupt mit Blick auf das Spiel von Gerechtigkeit sprechen kann; welche Bedeutung Chancengleichheit und Gnade in Spiel und Recht haben (hierzu der Beitrag von Martin Hager: Philidor spielte Schach stets mit Vorgabe!); welche Rolle der Zufall spielt, sowohl als unvermeidliches Fa(k)tum, auf das Recht und Spiel zu reagieren haben, als auch als Spiel- und Rechtsprinzip. Abgeschlossen wird die Runde durch Betrachtungen zu Verantwortung in Recht und Spiel.
     Die dritte Runde beleuchtet mehr formale Aspekte: prozedurale und regelungstechnische. Die beiden ersten Beiträge nehmen die Entstehung von Rechts- und Spielregeln aus sehr verschiedenen Perspektiven in den Blick. Im ersten Beitrag werden sie als kulturelle Hervorbringungen zwischen Tradition und Rezeption untersucht, im zweiten, den Friedrich Germelmann verfasst hat, die Abwandlung von Regeln im laufenden Spiel nach einem vorausgegangenen Regelverstoß. Jenseits gewisser Parallelen vor allem zum Völkerrecht wird hier die Figur des Spielverderbers als eines >Grenzgängers des Spiels< genauerer Betrachtung unterzogen. Es geht paarweise weiter: Die beiden folgenden Beiträge nehmen das Verhältnis von Norm und Normadressat in den Blick. Wolfgang Durner analysiert Formen und Voraussetzungen von Normakzeptanz und entdeckt nicht nur deutliche Parallelen zwischen Recht und Spiel, sondern zugleich, dass die juristische Diskussion über die Normakzeptanz schon von Richard Wagner in seinen Meistersingern vorweggenommen worden ist. Anschließend geht es um die allseits bekannte Überregulierung im Recht und um Beobachtungen, die man hinsichtlich des Umgangs mit überkomplexen Normgebilden bereits im Spiel machen kann. Aus literarisch-ästhetischer Sicht nähert Christian Klein sich dem Thema >Recht und Spiel< und verschränkt dabei die Diskussionen um Law as Literature und >Literaturtheorie als Spieltheorie<. Bei der Textschau bleibend, widmet sich auch der zweite Beitrag von Martin Hager dem Umgang mit (Norm-)Texten: Die Canones der Gesetzesinterpretation und die Grundsätze der Vertragsauslegung werden von ihm auf das Spiel angewandt, Gemeinsamkeiten und Unterschiede auf ihre Ursachen hin untersucht. Nach einem Beitrag zu Normtypen in Spiel und Recht schließt die dritte Runde wiederum mit Martin Hager: Seine Überlegungen zu Methoden der Streitentscheidung legen erneut Parallelen zwischen Spiel und Recht offen, wenn es darum geht festzulegen, wer im Streitfall die Kompetenz zur maßgeblichen Auslegung und Anwendung der Regeln haben soll."

Inhaltsverzeichnis:

Präludium: Recht und Spiel (Andreas von Arnauld)

Erste Runde: Grundlagen

I. Normativität von Spielregeln (Andreas von Arnauld)
II. Recht und Spiel als soziale Systeme (Andreas von Arnauld)
III. »Vom Spielvertrag« (Andreas von Arnauld)
IV. Interludium: Skatpartie mit Rawls und Habermas (und Wittgenstein ist auch dabei)
     ossia: (K)ein Sommernachtstraum (Andreas von Arnauld)
V. Spielen - Lernen. Spielen als Muster sozialen Handelns (Birte Brodkorb)

 Zweite Runde: Spielwelt - Gegenwelt

VI. Identität und Rolle (Andreas von Arnauld)
VII. Recht - Spiel - Magie. Hommage à Johan Huizinga (Andreas von Arnauld)
VIII. Tabu im Spiel und in der Ordnung des Rechts (Giorgi Maisuradze)
IX. Zielvorgaben und Verhaltenslenkung (Michael Hummel)
X. Gerechtigkeit und Spiel (Andreas von Arnauld)
XI. Chancengleichheit (Martin G. Hager)
XII. Zufall in Recht und Spiel (Andreas von Arnauld)
XIII: Verantwortung in Recht und Spiel (Andreas von Arnauld)

Dritte Runde: Regelungstechnisches und Prozedurales

XIV. Regelentstehung und kulturelles Gedächtnis (Andreas von Arnauld)
XV. Regelverstoß und Regelfortbildung (Friedrich Germelmann)
XVI. Normakzeptanz (Wolfgang Durner)
XVII. Überregulierung. Essay in Form eines Sonatensatzes (Andreas von Arnauld)
XVIII. Ästhetik des Spiels als Ästhetik des Rechts. Anmerkungen aus
         literaturwissenschaftlicher Perspektive (Christian Klein)
XIX. Auslegung von Spiel- und Rechtsregeln (Martin G. Hager)
XX. Normtypen in Spiel und Recht (Andreas von Arnauld)
XXI. Streitentscheidung (Martin G. Hager)

Postludium: Recht im Spiel (Andreas von Arnauld)
Anhang
Die Autoren dieses Bandes
Personenregister
Sachregister

Bilanzierende Bewertung:
Es ist immer wieder überraschend, wie Jugendliche, die ansonsten wenig Respekt vor Gesetz und Recht zeigen, auf dem Spielplatz oder bei Gesellschaftsspielen die dortigen Regeln penibel beachten und gegenüber Neulingen offensiv vertreten. Private und professionelle Erzieher nutzen deswegen das Spiel schon immer als Medium ihrer sozialisatorischen Bemühungen. Die hier nun vorliegende systematische Untersuchung des Zusammenhangs von 'Recht und Spielregeln' entspricht deshalb gemeinsamen Erkenntnisinteressen von Juristen und Pädagogen. Durch ihren betont interdisziplinären Ansatz – sie nutzen rechtstheoretische, philosophische, soziologische, anthropologische, pädagogische, psychoanalytische und kulturtheoretische Quellen – liefern sie viele interessante und z.T. überraschende Einsichten, die der einschlägigen Theorie und Praxis sehr zugute kommen.

Das Werk kann deshalb allen empfohlen werden, die sich für das Wesen unserer Rechtskultur interessieren und für deren Vermittlung an die nächste Generation verantwortlich sind.

Kurt Eberhard  (Nov. 2008)

 

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